Der Kellerwald

Willkommen im Nationalpark Kellerwald-Edersee

Mit diesen Seiten will der Förderverein für den Nationalpark in Wort und Bild für die Naturschönheiten dieser Waldlandschaft werben, für den Schutz des Werdens und Vergehens. Wir wollen Ihre Neugier wecken auf den Entwicklungsprozess einer zukünftigen Waldwildnis. Hier im Kellerwald können Sie miterleben wie die Natur ohne jegliches Zutun des Menschen einen neuen "Urwald" erschafft. Lesen Sie, schauen Sie, kommen Sie und lernen den Nationalpark kennen.

Conny Nehiba (1.Vorsitzende)


Unser Nationalpark – das Reich der urigen Buchen

Mitten in Deutschland, südlich des Edersees, liegt ein unbekannter Schatz verborgen:
eingebettet in eine malerische Kulturlandschaft, ist hier
ein in seiner Größe und Ursprünglichkeit für Westeuropa einmaliger Buchenwald zu finden. Es ist der 7.688 Hektar große Nationalpark Kellerwald-Edersee.

Wegen des schwierigen, teils steilen und felsigen Geländes wurden bis zu 30 % der Fläche schon viele Jahrzehnte nicht mehr genutzt. An manchen Steilhängen hat der Mensch nie gewirtschaftet. So haben sich stellenweise naturnahe und teilweise sogar urwaldähnliche Laubwälder erhalten.
In dieser Häufung und Vielfalt gibt es diese Wälder auf bodensauerem Gestein kein zweites Mal in Westeuropa.

Vom fürstlichen Jagdrevier zum Nationalpark

Jahrhunderte lang stand die Köhlerei, die Waldweide und die Versorgung der Bauern mit Waldstreu und Brennholz im Vordergrund. Ab dem 18. Jahrhundert kam mehr und mehr die Bedeutung als Jagdrevier für die waldeckischen Fürsten hinzu. Da das Fürstentum bis 1929 keine Entschädigungen für Wildschäden zahlte, gab es immer wieder Proteste der Bauern. Ab 1894 wurden daher 3.500 Hektar mit einem Gatter eingezäunt. 1935 wurde das Gatter dann auf über 4.500 Hektar vergrößert. Es ist bis heute erhalten, soll aber so bald als möglich entfernt werden.
Rotwild Die Vielfalt der Lebensräume für Tiere und Pflanzen und seine "Unberührtheit und Schönheit" führte dazu, dass
das Gebiet schon 1934 von Forstmeister Zimmermann als Naturschutzgebiet vorgeschlagen wurde. Der Krieg hat die Umsetzung des Plans verhindert. Nach 1945 war das Gebiet hessische Staatsjagd und ab 1963 "Wildschutzgebiet". 1990 wurde es zum "Waldschutzgebiet" erklärt. 1998 kam es dann nach europäischem Naturschutzrecht zur Meldung für das ökologische Netzwerk NATURA 2000 der Europäischen Union.

Ricke mit Kitz Das Bundesland Hessen hat mit der Ausweisung des Nationalparks Kellerwald-Edersee zum 1. Januar 2004
die internationale Verantwortung zum Schutz dieses Naturerbes übernommen. In 2005 wurde bei der IUCN (Internationale Naturschutzorganisation) die Zertifizierung des Nationalparks beantragt. In 2007 wird die Zertifizierung nach IUCN-Standards durchgeführt.
Es ist der 1. Nationalpark in Europa, der sich dieser Qualitätsprüfung unterzieht.
Im Jahr 2006 hat Hessen den Nationalpark außerdem für die Weltnaturerbe-Liste
der UNESCO angemeldet.

Der Lebenskreislauf im Buchenwald

Was passiert, wenn ein Wirtschaftswald wieder zur Waldwildnis, also zum "Urwald"
werden darf? Wir wissen es nicht genau! Bis 300 Jahre und länger dauert der volle
Lebenszyklus eines Laubwaldes. Wir werden also noch etwas Geduld haben müssen
und manch Überraschendes erleben dürfen.
Eine Eiche stirbt Aus den letzten Buchenurwäldern in den Karpaten, des Balkans und der dinarischen Alpen wissen wir, dass Buchen bis 350 Jahre alt werden. Je älter der Wald wird, desto mehr Bewohner finden hier ihren Lebensraum. Insekten vermehren sich in den sterbenden Bäumen, Spechte suchen sie als Nahrung und zimmern zahlreiche Höhlen,
die dann von "Nachmietern" bewohnt werden. Neben zahlreichen Vogelarten wie Waldkauz, Dohle, Hohltaube, Kleiber und Meisen sind es häufig Fledermäuse die die Höhlen nutzen. Der Baummarder und Kleinsäuger wie der Siebenschläfer und die Haselmaus lieben diese Wohnungen. Zahlreiche Käferarten sowie andere Insekten leben hier als Untermieter.
Totholz - Lebensraum vieler Tiere
Totholz - Lebensraum vieler Tiere

Buchenschleimrübling Die Verjüngung der Urwälder erfolgt immer auf kleinster Fläche. Hier stirbt ein Baum, dort wird einer vom Sturm geworfen. Sonnenstrahlen erreichen den Waldboden, in dem viele Samen auf ihre Chance warten. Die gefallenen Baumriesen sind dem Verfall preisgegeben. Pilze beginnen das Holz zu durchsetzen. Den Pilzen folgt ein unüberseh-
bares Heer von bohrenden und Holz fressenden Insekten, deren Larven die vielen Stadien des sich zersetzenden Holzes als Lebensraum benötigen.

Dem Rindenbrüter folgt der Holzbesiedler, dann der Mulm-
bewohner, bis zum Schluss, nach Jahrzehnten, Regen-
würmer den Mulm mit Walderde mischen. Bei Buchen dauert dieser Vorgang einige Jahre bis Jahrzehnte. Jeder Schritt der Zersetzung bedeutet Veränderung und Lebensraum für neue Lebewesen.

Was da grünt und blüht

Zwiebelzahnwurz Die vorherrschende Waldgesellschaft ist der "Hainsimsen-Buchenwald". Die weiße Hainsimse, ein Gras, dominiert
hier die Krautschicht. Auf reicheren Standorten kommen Waldmeister- und Perlgrasbuchenwälder vor.

Blockschutthalde Verstreut in diesen ausgedehnten Buchenwäldern des Nationalparks kann eine bemerkenswerte Vielzahl besonderer Lebensräume entdeckt werden.
Steile Hänge, magere Kuppen, Felsgrate und Blockhalden, tiefe Schluchten und feuchte Täler wechseln einander ab. Auf diesen Standorten – besonders entlang des Edersees – die für eine geregelte Holznutzung nicht geeignet waren, haben sich Wälder von seltener Urtümlichkeit gehalten. Auf Blockhalden, an steilen Hängen und in tiefen Schluchten verbergen sich letzte Urwaldreste mit Bergulme, Winter- und Sommerlinde und andere Edellaubhölzer.
Blockwald
Blockwald

Astlose Graslilie Knorrige Traubeneichen von biblischem Alter prägen die Steilhänge am Edersee. Die seltene Elsbeere, Wacholder, Felsenmispel und astlose Graslilie halten den extremen Bedingungen von Kargheit, Hitze und Frost stand. Auf
den Felsen des Bloßenbergs gedeiht das Juwel des Nationalparks: die Pfingstnelke. Hier hat sie ihr größtes hessisches Vorkommen.

Breitblättriges Knabenkraut Neben den viele Waldgesellschaften gibt es im National-
park aber auch über 200 Hektar malerische Waldwiesen, hauptsächlich entlang der Bäche. Für diese Borstgrasrasen, Glatthaferwiesen, die Waldbinsensümpfe und Großseggen-
riede gibt es einen speziellen Pflegeplan nach Gesichts-
punkten des Naturschutzes. Hier blühen selten Pflanzen wie Arnika, Heidenelke und Breitblättriges Knabenkraut.

Die Bewohner des Nationalparks

Rotwildrudel Viele Säugetierarten unserer Wälder gibt es nicht
mehr. Der Wolf ist ausgerottet, die Braunbären sind verschwunden. Die großen Pflanzenfresser der Wälder: Wisent und Auerochse, nur noch im Wildpark oder als Nachzüchtung zu sehen. Der König unserer Wälder heute, auch im Kellerwald, ist der Rothirsch. Während der Brunft
– der hohen Zeit des Rotwildes – hallt in den späten Abendstunden das Röhren durch den Herbstwald.
Auch Sie können von Beobachtungskanzeln dieses Schauspiel miterleben.
Dachse
Dachse

Rotmilan Eine neue Heimat gefunden haben Damwild und Muffelwild, die zwischen 1935 und 1937 ausgesetzt wurden. Auf den Waldwiesen ist das Rehwild gut zu beobachten. Zahlreich vertreten ist auch das Schwarzwild, volkstümlich auch Wildsau genannt. 1934 wurde erstmalig in Europa der nordamerikanische Waschbär im Gebiet des Nationalparks ausgesetzt. Im Nationalpark war früher auch die scheue Wildkatze heimisch. Wir vermuten, dass sie wieder zurückgekehrt ist. Wenn es Nacht wird im Wald werden zahlreiche Tierarten aktiv. Fuchs und Dachs, Marder und Iltis aber auch die 14 bisher nachgewiesenen Fledermausarten, darunter die besonders geschützten Arten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus.
Schwarzstorch
Schwarzstorch

Feuersalamander Der Nationalpark ist auch europäisches Schutzgebiet für unsere heimischen Vogelarten. Insgesamt 35 bedrohte Arten brüten hier. Der Schwarzstorch ist sehr scheu und empfindlich gegenüber Störungen. Häufiger werden Sie Schwarzmilan, Rotmilan, Wespenbussard oder Mäusebussard sehen. Auch der Kolkrabe zieht wieder seine Kreise. Nachts können die Rufe von Waldkauz, Waldohreule, seltener von Uhu und Rauhfußkauz gehört werden. Sechs Spechtarten und viele weitere Waldvögel von der Dohle über die Schnepfe bis hin zu Trauerschnäpper und Gartenrotschwanz brüten im Nationalpark.
Kolkrabe
Kolkrabe

Bartfledermaus Ein wichtiges Schutzgebiet ist der Nationalpark für alle krabbelnden Spezies. Fast 1.000 Käferarten aus über 80 Familien, davon 350 auf Totholz spezialisierte Arten, konnten in ersten Voruntersuchungen nachgewiesen werden.

Ein Charaktertier des Kellerwaldes ist der Feuersalamander. In den Tümpeln des National-
parks finden sich im Frühjahr Bergmolche, Fadenmolche und Teichmolche zur Eiablage
ein. Auch Erdkröte und Grasfrosch sind häufig. Daneben gibt es die als "Glockenfrosch" bekannte Geburtshelferkröte. Waldeidechse, Zauneidechse, Blindschleiche und Schlingnatter vertreten die Reptilien im Nationalpark.
Hirschkäfer
Hirschkäfer